Koalitionsvertrag bremst "Wachstumsmotor" Digitale Wirtschaft
30.10.2002, 16 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Koalitionsvertrag bremst "Wachstumsmotor" Digitale Wirtschaft
Trotz guter Ansätze Nachbesserungsbedarf zu Gunsten des Mittelstandes
Düsseldorf, 30. Oktober 2002. (press1: iBOT) - Der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) e.V. bewertet den vorliegenden Koalitionsvertrag in seiner grundsätzlichen Ausrichtung positiv, sieht jedoch in einigen Punkten noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. "Wir freuen uns, dass die Regierung die Leistungsfähigkeit der Digitalen Wirtschaft offenbar richtig einschätzt. Die in Aussicht gestellten Maßnahmen greifen jedoch zu kurz, um das Potenzial der Unternehmen für die Gesamtwirtschaft und den Arbeitsmarkt langfristig nutzen zu können" kommentiert dmmv-Präsident Rainer Wiedmann die Einigung der Regierungsparteien. Der dmmv hatte im Vorfeld der Wahlen mit führenden Politikern beider Parteien seinen Vier-Punkte-Plan zur "Stärkung der Digitalen Wirtschaft" thematisiert. Der Koalitionsvertrag greift einen Teil der dmmv-Vorschläge auf, die konkrete Umsetzung bleibt indes offen. Der dmmv wird daher die bevorstehenden Gespräche mit den Regierungsparteien nutzen, um Nachbesserungsvorschläge insbesondere zu Gunsten mittelständischer Unternehmen zu unterbreiten.
Die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Förderung von Zukunftstechnologien und der damit verbundene Wandel zur Informationsgesellschaft in Deutschland wecken bei den Unternehmen und Beschäftigten in der Digitalen Wirtschaft große Hoffnungen. Die Tatsache, dass nur ein Teil der notwendigen Maßnahmen für die kommende Legislaturperiode in Aussicht gestellt worden sind, trüben diese Hoffnung allerdings. Die vorläufige Bilanz der dmmv-Initiative "Stärkung der Digitalen Wirtschaft" nach der Präsentation der Koalitionsvereinbarung liest sich wie folgt:
Effektiver Schutz digitaler Güter
Zur Sicherung der Existenzgrundlagen aller Unternehmen der Digitalen Wirtschaft ist ein effektiver Schutz digitaler Güter unumgänglich. Der dmmv hat entsprechende Vorschläge zur Stärkung des urheberrechtlichen Schutzes digitaler Produzenten, zur vereinfachten Patentierung sowie zur konsequenteren Verfolgung von Plagiateuren und Raubkopierern präsentiert. "Die explizit erwähnte Stärkung der Wettbewerbsstellung kleinerer Betriebe im Software-Bereich sowie des Schutzes vor Raubkopien ist durchaus erfreulich. Leider werden hier jedoch - im Unterschied zu vielen anderen Punkten - keine konkreten Aussagen getroffen, was die praktische Umsetzung betrifft" so Wiedmann zu den knappen Ausführungen des Koalitionsvertrags zu diesem Punkt.
Flexibilisierung von Beschäftigung und Weiterbildung
Einen nicht unerheblichen Teil des Koalitionspapiers nehmen die Vorschläge der Hartz-Kommission ein, die - wie Bundeskanzler Schröder zuletzt in seiner Regierungserklärung betont hat - "eins zu eins" umgesetzt werden sollen. Insgesamt bewertet der dmmv die angekündigten Maßnahmen positiv, allerdings greifen die Hartz-Vorschläge nach Ansicht des Verbandes zu kurz, um zu einer dauerhaften Flexibilierung des Arbeitsmarktes zu führen und gehen dabei an den tatsächlichen Bedürfnissen vieler Unternehmen vorbei. So hatte der dmmv unter anderem angeregt, im - für die Branche kennzeichnenden - Projektgeschäft unbeschränkt Kettenbefristungen für einen Zeitraum von zwei Jahren zuzulassen. Eine Regelung, die nach Ansicht Wiedmanns für mehr Bewegung im Arbeitsmarkt sorgen könnte: "Eine solche Maßnahme würde vor allem langfristig zu mehr und dann auch unbefristeten Einstellungen führen. Mit der Gewährung von Darlehen für die dauerhafte Einstellung von Arbeitslosen, der Schaffung der Ich-AG und einer effektiveren Vermittlung von freien Stellen werden im Mittelstand keine neuen Arbeitsplätze geschaffen. Das Hartz-Konzept ist gut, es berücksichtigt aber die neuen Anforderungen an einen flexiblen Beschäftigungsmarkt nicht" so Wiedmann, der die Probleme aus der eigenen Unternehmenspraxis kennt. "Die wichtigste Voraussetzung für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist und bleibt vor allem eine Wirtschaftspolitk, die das Investitionsklima positiv beeinflusst" sieht Wiedmann das Kernproblem in der schwächelnden Konjunktur.
Uneingeschränktes Lob erntet der vorliegende Koalitionsvertrag hingegen hinsichtlich der Vorschläge zur beruflichen Aus- und Weiterbildung. Eine flexiblere Ausbildungsordnung, die künftig besser mit den Zusatzqualifikationen verknüpft werden soll. Mit der in Aussicht gestellten Übertragung des IT-Weiterbildungssystems auf andere Branchen tragen die Koaltitionsparteien dem dmmv-Vorschlag Rechnung, der vorsieht eine das bestehende Modell für den Multimediabereich auszubauen. Gleiches gilt für den Ausbau und die Zertifizierung des Weiterbildungsangebots: "Hierfür steht der dmmv mit seiner etablierten Zertifizierung gern Pate" so Rainer Wiedmann.
Einrichtung von Founding-Agenturen
Der dmmv teilt die grundsätzliche Ansicht der Regierungsparteien, dass in der 'Wissensgesellschaft von morgen' mehr Unternehmerinnen und Unternehmer gebraucht werden. Daher zielt auch die neue Gründerinitiative des Bundes, mit der Förderprogramme optimiert und der Zugang zu Fördermitteln vereinfacht werden soll, in die richtige Richtung. "Wir würden uns darüber hinaus wünschen, dass mit der flächendeckenden Einführung von Beratungszentren, die aus der Zusammenlegung der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Deutschen Ausgleichsbank resultieren soll, auch ein Abbau des bürokratischen und administrativen Pflichtprogramms bei der Existenzgründung einherginge" fasst Wiedmann noch einmal den dmmv-Vorschlag zur Erleichterung von Unternehmensgründungen zusammen. Besonders positiv bewertet Wiedmann die in Aussicht gestellte Maßnahme, Existenzgründer in den ersten vier Jahren von Kammerbeiträgen der Industrie-und Handelskammern freizustellen.
Schaffung eines zentralen Ausschreibungsportal
Zum Abbau bürokratischer Hemmnisse zählt nach Ansicht des dmmv auch die Etablierung eines zentralen Ausschreibungsportals, mit dem die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen für mittelständische Unternehmen erleichtert werden soll. Der positive Nebeneffekt des Portals: Durch die erhöhte Transparenz wird der Korruption entgegengewirkt. Auch wenn dieser Punkt in der vorgelegten Koalitionsvereinbarung nicht erwähnt wird, so verfolgt die Bundesregierung mit dem vor einigen Monaten gestarteten Pilotprojekt www.e-vergabe.info
einen vielversprechenden Ansatz. Umso wichtiger ist es nach Auffassung des dmmv die Ergebnisse dieser Pilotphase schnell für einen konsequenten Ausbau des Projektes zu einem zentralen Ausschreibungsportal zu verwenden, bei dem auch die Ausschreibungen auf Landes- und kommunaler Ebene eingebunden werden.
Digitale Wirtschaft stärken - Investitionsklima verbessern
Trotz aller positiven Ansätze des Koalitionspapiers bleibt die wichtigste Voraussetzung für die Stärkung der Digitalen Wirtschaft und der damit verbundenen Schaffung neuer Arbeitsplätze in diesem Wachstumsmarkt ein günstiges Investitionsklima. "Hier muss der Staat seiner Vorbildfunktion gerecht werden: In die Digitalisierung der Verwaltung, also in e-Government oder ein digitales Ausschreibungsportal, zu investieren, heißt in die Zukunft investieren" so dmmv-Präsident Wiedmann. Gleiches gilt seiner Meinung nach auch für die Flexibilisierung des Beschäftigungsmarktes und die anderen unterbreiteten Vorschläge des dmmv. Wichtig sei, dass der Staat mit gutem Beispiel vorangehe, anstatt Haushaltsspeereen zu verhängen.
Nach Ansicht des dmmv deuten allerdings einige der angekündigten Maßnahmen darauf hin, dass sowohl im unternehmerischen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich durch den Wegfall von steuerlichen Vergünstigungen die Investitions- und Konsumbereitschaft des Binnenmarktes Deutschland geschwächt wird. Vor allem der prognostizierte Anstieg der Sozialbeiträge dürfte sich negativ auf die ohnehin schwache Konjunktur auswirken.
Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder, in der die finanzielle Entlastung der Steuerzahler und die Senkung der Lohnnebenkosten zu einem der zentralen Ziele der noch jungen Legislaturperiode erhoben wurden, lässt indes Hoffnung aufkeimen: "Der dmmv versteht den Koalitionsvertrag als Aufforderung zur Intensivierung der Gespräche. Die Gesprächsangebote der Regierungsparteien bieten Gelegenheiten, den Interessen der Digitalen Wirtschaft auf höchster Ebene Gehör zu verschaffen" Wiedmann setzt dabei auf ähnliche Korrekturen seitens der Regierung wie schon bei der Rücknahme der Streichung des steuerlichen Spendenabzugs für Unternehmen: "Das ökonomisch Notwendige wird sich hoffentlich früher als später in der Regierungspolitik durchsetzen."
Links:
Koalitionsvertrag:
> http://www.bundesregierung.de/Regierung/-,431/Koalitionsvertrag-I.-Praeambel.htm
dmmv-Punkteplan:
> http://www.dmmv.de/download/punkteplan.pdf
Kontakt:
Deutscher Multimedia Verband (dmmv) e.V.
Christoph Huneke, Pressesprecher
Tel. 0211 600 456 -26, Fax: -33
mailto: huneke@dmmv.de
Check Out: http://www.dmmv.de/de/7_pub/homepagedmmv/presse.cfm
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Als der maßgebliche Berufsverband der Internet- und Multimedia-Industrie entwickelt der dmmv Aus- u. Weiterbildungsmodelle (mit Zertifizierung zur Qualitätssicherung), Kalkulationsgrundlagen, Musterverträge und Handlungsempfehlungen für die neuen Tätigkeitsfelder. Seine Kernfunktion liegt neben der politischen Arbeit in seiner Leistung als Know-how-Pool, Austauschplattform und Anbieter von Serviceleistungen für seine Mitglieder.
In jedem seiner über 30 Gremien zu Fachthemen bietet der dmmv ein umfassendes Inhalteangebot auf seiner Website (www.dmmv.de
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