Lotteriestaatsvertrag wird zum Verhinderungsinstrument privater Angebote
19.05.2003, 19 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
PRESSEMITTEILUNG
Lotteriestaatsvertrag wird zum Verhinderungsinstrument privater Angebote
Entwurf nach Expertenansicht verfassungsrechtlich bedenklich
Düsseldorf, 19. Mai 2003 (press1: iBOT)
Nach wiederholten gerichtlichen Auseinandersetzungen (bis zum Oberverwaltungsgericht) haben die Staatskanzleien der Länder einen Entwurf für einen Lotteriestaatsvertrag erarbeitet. Der dem dmmv vorliegende Entwurf sieht eine faktische Vereitelung nicht-staatlicher Lotterieangebote vor und das auch dann, wenn sie den Zielen des Staatsvertrags (Eindämmung und Kanalisierung der Spielleidenschaft) voll entsprechen. Betroffen sind davon auch sämtliche Online-Angebote wie etwa Cyber-Lotterien oder interaktive Spielbanken. Nach Auffassung verschiedener Rechtsexperten ist der vorgesehene Entwurf verfassungsrechtlich jedoch äußerst bedenklich. Ihre Argumentation: Die staatliche Monopolisierung der Lotterieangebote schränkt das Grundrecht auf Berufszugang ein. dmmv-Präsident Arndt Groth (Interactive Media CCSP AG): " Das eigentlichee Ziel des Staatsvertrags ist der Schutz des Verteilungsmonopols der Zweckerträge für den Staat. Die Debatte um die Eindämmung der Spielleidenschaft ist angesichts einiger Spielvarianten des Lottoblocks wie beispielsweise Oddset oder Rubbellose unglaubwürdig." Der dmmv hat die Kritik am bestehenden Entwurf noch einmal in einem Brief, der im Laufe der Woche allen Staatskanzleien zugehen wird, formuliert.
Die Unterzeichnung des aktuellen Entwurfs würde auch das Aus für interaktive Lotteriespiele privater Anbieter bedeuten, dabei zeigen zahlreiche Beispiele, dass gerade Online-Lotterien aufgrund der personengebundenen Teilnahme an den Gewinnspielen hervorragende Möglichkeiten zur Kontrolle von Spielsüchtigen bieten. Friederike Behrends (Bild.T-online.de AG & Co. KG), Leiterin des dmmv-Arbeitskreises Medienpolitik, hält das durchgeführte Anhörungsverfahren seitens der federführenden NRW-Staatskanzlei in Düsseldorf für nicht transparent: "Da der dmmv zunächst nicht zur Anhörung eingeladen worden war und keine ausreichende Information über die Pläne vorhanden waren, können die Auswirkungen auf Online-Angebote nun erst auf Betreiben des dmmv ermittelt werden."
Neben der Verhinderung der Spielleidenschaft führen die Vertreter der Länder, der Betreibergesellschaften sowie der begünstigten Organisationen immer wieder das Argument begrenzter Einnahmemöglichkeiten an. Demzufolge wäre die Erteilung zusätzlicher Genehmigungen zwangsläufig mit Einnahmeausfällen und damit mit einer Planungsunsicherheit auf Seiten der begünstigten Organisationen verbunden. Der dmmv teilt in diesem Punkt die Ansicht derjenigen Organisationen (bspw. UNICEF; WWF, Misereor, BUND oder NABU), die sich durch alternative Angebote zusätzliche Unterstützung aus Lotterieerträgen versprechen. "Auch nichtbegünstigte Organisationen leisten einen sehr wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, der angesichts leerer öffentlicher Kassen immer schwieriger aufrechtzuerhalten ist. Die Diskussion um mögliche Einnahmeeinbußen auf Seiten der begünstigten Organisationen ist irreführend. Tatsächlich sind die Gesamteinnahmen des deutschen Lottoblockes in den zurückliegenden fünf Jahren deutlich, nämlich um rund 25 Prozent gestiegen" so Friederike Behrends weiter. "Zudem wandert ein nicht unerheblicher Anteil der durch staatliche Lotterien eingespielten Beträge als Konzessionsabgaben in die Länderhaushalte und wird für die Aufrechterhaltung eines gewaltigen Verwaltungsapparates verwendet. Im Online-Bereich ließen sich effektive Alternativ-Angebote etablieren, die zudem den Vorteil zielgerichteter Kontrollmechanismen hätten."
Nachdem der dmmv in der vergangenen Woche Gelegenheit hatte, seiner Position in der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen Gehör zu verschaffen, werden die wichtigsten Einwände gegen den Entwurf des Lotterie-Staatsvertrags noch einmal in Briefform an alle Staatskanzleien verschickt. "Wir verknüpfen damit die Hoffnung, dass die berechtigterweise sehr hohen ordnungsrechtlichen Hürden, die zum Einen die Verhinderung von Spielleidenschaft und zum Anderen den Nachweis der Gemeinnützigkeit zum Ziel haben, für private Anbieter nicht unüberwindbar werden. Nach Auffassung des dmmv muss es Ausnahmen vom staatlichen Lotterie-Monopol geben, sofern die Angebote den gesellschaftlichen Zielen entsprechen" setzt dmmv-Präsident Arndt Groth auf die Kooperationsbereitschaft der Länder.
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