Die Politik hat mittelständige Betriebe vergessen
22.05.2020, 15 Uhr - BVFI - Bundesverband für die Immobilienwirtschaft
(press1) - 22. Mai 2020 - Corona-Umfrage an 27.000 Unternehmen (BVFI/VGSD)
Die Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie bekommen vor allem hauptberuflich Selbständige und Solo-Selbständige zu spüren. Gerade in der Immobilienwirtschaft arbeiten viele Makler, Immobilienberater oder Facility-Manager auf eigene Rechnung. Haus- und Wohnungsbesichtigungen und Immobilienverwaltung fahren aber erst nach und nach wieder an, Vermieter kämpfen mit Mieteinbußen, Facility-Manager müssen sich auf strenge zusätzliche Hygienemaßnahmen einstellen. Alle müssen in der Krise Umsatzeinbußen hinnehmen.
Während die Politik milliardenschwere Hilfspakete für die Wirtschaft schnürt, von denen vor allem große Unternehmen profitieren, stellen wir fest, dass Freiberufler, kleine Betriebe und Solo-Selbständige im Regen stehen. Übergangskredite sind erstens ein Tropfen auf den heißen Stein und zweitens für Unternehmen in Notlage überhaupt nicht geeignet. Aus leeren Kassen können Kredite nicht zurückgezahlt werden, Rücklagen sind längst aufgebraucht. Wir als Verband fordern von der Politik, hier endlich tragbare Lösungen anzubieten, damit kleine und mittelständische Unternehmen nach der Krise nicht ausbluten.
Die meisten Schwierigkeiten ergeben sich für die Geschäftsleute hauptsächlich durch den Wegfall der Kinderbetreuung (71,6 Prozent), Erkrankungen geschäftlicher Ansprechpartner (68 Prozent), Lieferprobleme (57 Prozent) oder die Verlagerung der Tätigkeiten ins Homeoffice (50 Prozent).
Das hat eine Umfrage des Bundesverbands für die Immobilienwirtschaft (BVFI) in Kooperation mit dem Verband der Gründer und Selbständigen Deutschland e.V. (VGSD) unter rund 27.300 Teilnehmern ergeben. Knapp die Hälfte der Befragten kann derzeit aufgrund der Beschränkungen gar keine Tätigkeit ausüben. Einige Dienstleistungen haben sich inzwischen in den digitalen Raum verlagert - allerdings viel zu wenige. Rund elf Prozent der Umfrageteilnehmer bieten jetzt kostenpflichtige Online-Dienstleistungen an, knapp sieben Prozent der Befragten führen Beratungen und Verkaufsgespräche online durch. Um die Umsatzrückgänge auch nur ansatzweise zu kompensieren, reicht das aber bei weitem nicht aus und hier zeigt sich sehr deutlich: Wer bereits vor der Krise in Digitalisierung investiert hat, der ist jetzt erheblich weniger von der Krise betroffen. Allerdings sind die staatlich verordneten Hürden der Digitalisierung durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Wettbewerbsrecht, Geldwäschegesetz und einige mehr, so hoch geworden, dass diese durch kleine Betriebe und Einzelunternehmen heute fast gar nicht mehr zu stemmen sind. Benötigte ein Unternehmer früher lediglich einen Steuerberater, um in die Selbständigkeit zu starten, muss er heute einen Stab an Beratern und Administratoren finanzieren, um allen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Hier fordert der BVFI seit Jahren eine Entbürokratisierung, das Gegenteil ist aber bis heute der Fall.
Die finanziellen Folgen der Krise sind daher für viele Unternehmen verheerend. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, einen monatlichen Umsatzrückgang von 100 Prozent verkraften zu müssen, Umsatzrückgänge von mehr als zwei Dritteln beklagt rund ein Viertel der Befragten und rund 15 Prozent der Selbständigen beziffert den monatlichen Rückgang mit der Hälfte bis zwei Drittel bezogen auf die Umsätze vor der Krise. Hier ist die Bundesregierung gefragt, dafür zu sorgen, dass die Soforthilfen auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Bei finanzieller Unterstützung alleine darf es nicht bleiben, auch Steuererleichterungen, die Vereinfachung bürokratischer Prozesse und klare gesetzliche Rahmenbedingungen - z. B. zur Scheinselbständigkeit -, wären Maßnahmen, die ein Großteil der Unternehmer begrüßen würde.
Diese Maßnahmen halten Selbständige für eher wichtig bis wichtig:
Steuererleichterungen bzw. -vereinfachungen - 88 %
Senkung der (Mindest-) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Selbständige - 68 %
Komplette Aussetzung sämtlicher Statusfeststellungsverfahren - 67 %
Niedrigere Bemessungsgrundlage für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (auch oberhalb der Mindestbeiträge) - 64 %
Digitalisierung aller Behördengänge - 63 %
Anpassung der Verzugszinsen von bisher 6 % p.a. auf aktuelles Zinsniveau - 51 %
Einfache, rechtsichere Regelungen zur Scheinselbständigkeit - 46 %
Videotelefonie mit Behördenmitarbeitern zur Klärung von Anliegen statt persönlichem Erscheinen - 57 %
Verzicht auf Einführung einer Altersvorsorgepflicht für bereits Selbständige (Einführung nur für künftige Selbständige) - 43 %
Die Wirklichkeit sieht (noch) anders aus. Ein Sofortkredit von 9.000 Euro trägt einen Betrieb mit zwei Angestellten nicht durch die Krise, besonders, wenn knapp die Hälfte der Befragten deutliche Umsatzeinbußen bereits seit März verzeichnen mussten. Auch für die kommenden Monate rechnet ein Viertel der Befragten mit einer Durststrecke und mit deutlich geringeren Umsätzen für die nächsten sechs Monate. 14,6 Prozent gehen von einer dreimonatigen Durststrecke aus, fast genauso viele Befragte (13,4 Prozent) rechnen mit schwachen Umsätzen für die nächsten zehn bis zwölf Monate. Das diese Situation nicht lange auszuhalten ist, liegt auf der Hand. Fast neun Prozent der Befragten glauben, bereits zahlungsunfähig zu sein, ein Viertel der Befragten hat keine Rücklagen und jeweils rund 14 Prozent rechnen mit einer Zahlungsunfähigkeit in den nächsten zwei bzw. drei Monaten.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, dass jeweils ein Viertel der Umfrageteilnehmer mit der Hilfe durch die Politik auf keinen Fall oder eher nicht zufrieden sind. Nur 3,6 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen die Hilfen wirtschaftliche Sicherheit geben. Im Vergleich zu Angestellten fällt das Ergebnis noch deutlicher aus: 40 Prozent der Befragten fühlen sich viel schlechter behandelt als Angestellte, 36 Prozent eher schlechter. Für ein Land, das einen großen Teil seines wirtschaftlichen Erfolges aus einem gesunden Mittelstand generiert, ist das ein Armutszeugnis.
Über den VGSD: Der Verband der Gründer und Selbstständigen e.V. (VGSD) vertritt die Interessen von Solo- und Kleinstunternehmern, Gründern sowie Teilzeit-Selbstständigen. Der 2012 gegründete Verband zählt aktuell mehr als 5.000 Vereins- und 17.000 Communitymitglieder. Die Mitglieder kommen aus allen Branchen. Besonders hoch ist der Anteil von Wissensarbeitern und "neuen Berufen". So ist der VGSD unter anderem der größte Verband von IT-Selbstständigen und Beratern in Deutschland. Weitere Informationen und Pressekontakt: http://www.vsgd.de
Über den BVFI: Der Bundesverband für die Immobilienwirtschaft e.V. (BVFI) hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der größten Verbände für die Immobilienbranche entwickelt und wurde 2010 in Frankfurt am Main gegründet. Er vertritt die Interessen von Immobilien-Unternehmern, -Investoren, -maklern sowie Immobilienbesitzern. Für seine Mitglieder bereitet der Verband eine Vielzahl von gesetzlichen Änderungen und die Ergebnisse einer lebhaften Rechtsprechung praxisnah auf. Daneben bietet der BVFI eine Vielzahl von Informations- und Vernetzungsmöglichkeiten, Events, Weiterbildung und Vertriebsunterstützung. Pressekontakt: BVFI - Service Servicegesellschaft mbH, The Squaire 12, 60549 Frankfurt, http://www.bvfi.de
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