Auskunftsanspruch bei Copyright-Verstößen ist für Medienwirtschaft unentbehrlich
16.12.2003, 14 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
dmmv wehrt sich gegen unsachliche Ifross-Stellungnahme
(press1: iBOT) - Düsseldorf, 16. Dezember 2003
Der im Kontext der Urheberrechtsdebatte wiederholt geforderte Auskunftsanspruch ist für die zunehmend durch Datenpiraterie und Raubkopien bedrohte Inhalteindustrie unentbehrlich. Der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) e.V. wehrt sich daher vehement gegen die Behauptung des privaten Instituts Ifross, der von Urhebern, Rechteinhabern und Distributoren geforderte Anspruch auf Auskunft über die Identität von Rechtsverletzern diene allein dem Zweck, umfangreiche Kundenprofile zu erstellen. Entgegen dieser Behauptung verknüpft die Inhalteindustrie mit dem Auskunftsanspruch jedoch vor allem die Hoffnung die Verletzung von Urheberrechten und die damit verbundene illegale Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten verfolgen und letztlich eindämmen zu können. Auch in anderen Punkten zeichnet sich die Ifross-Stellungnahme durch ein hohes Maß an Unsachlichkeit aus.
Copyright-Verletzungen entziehen der Medienwirtschaft zunehmend die Existenzgrundlage. Verschiedene Gutachten und Studien haben das immer wieder ausgeführt und unter Beweis gestellt (dmmv-Gutachten, GFK-Brennerstudie etc.). Die Internetkriminalität in Form der urheberrechtswidrigen Zugänglichmachung und Verbreitung von Inhalten sowie das Verbreiten von Umgehungsvorrichtungen oder sog. Kopierschutzkillern breitet sich zunehmend und weitestgehend ungehindert aus. Hauptursache für diesen Trend ist dabei vor allem die Tatsache, dass sich die Täter im Schutz der Anonymität des Internets und in der Gewissheit einer überlasteten Strafverfolgung weitgehend ungehindert bewegen können.
Eine zeitnahe Ermittlung des Tatbestandes durch Strafverfolgungsbehörden ist aufgrund unzureichender Personalressourcen und mangelhafter technischer Ausstattung bei gleichzeitig rasant zunehmenden Rechtsverletzungen kaum möglich. Der Verweis auf das Strafrecht kommt somit faktisch der Verweigerung des Justizgewährungsanspruchs für Inhalteanbieter und Rechteinhaber gleich. Demnach würde keine Möglichkeit zur Verfolgung und Ahndung von Urheberrechtsverletzungen und einer vermögensrechtlichen Kompensation bestehen. Ein entsprechender Auskunftsanspruch hinsichtlich der Identität des jeweiligen Rechteverletzers ist daher für die Medienwirtschaft unentbehrlich.
Auskunftspflichten gegen Dritte sind Teil der juristischen Praxis
So ist die in der Stellungnahme aufgestellte Behauptung, ein Auskunftsanspruch greife in die Privatsphäre der Nutzer ein und überstrapaziere das Zivilrecht, das derart weitgehende Regelungen nicht kenne, unzutreffend. Allein das BGB kennt zahlreiche Auskunftspflichten gegen Dritte, in denen der Rechtsinhaber aufgrund tatsächlichen Unvermögens oder fehlender Rechtsmacht die zur Durchsetzung seines Anspruches erforderlichen Feststellungen nicht selbst vornehmen kann. Wollte man auf einen Auskunftsanspruch über die Identität des Rechtsverletzers verzichten, bliebe Rechteinhabern und Contentanbietern lediglich die Möglichkeit - wie bisher - ihre Rechte über das Mittel der Strafverfolgung wahrzunehmen. Unabhängig von der ohnehin überlasteten Justiz stellt das Strafrecht aber auch die ultima ratio staatlichen Handelns dar. Die Grundsätze des Rechtsstaates gebieten es daher, den weitaus gemäßigteren, zivilrechtlichen Weg zur Anspruchsdurchsetzung heranzuziehen.
Dabei würde ein zivilrechtliches Vorgehen die öffentliche Hand kostenseitig entlasten und im Vergleich zum strafrechtlichen Mittel weit weniger in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen. Zudem trägt der auskunftsbegehrende Geschädigte das gesamte Kosten- und Schadenersatzrisiko bei unberechtigten Auskünften. Da der Anspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht wird, ist das Gericht in der Lage, im Rahmen der erforderlichen Abwägung auch Datenschutzgesichtspunkte ausreichend zu würdigen. Daher ist die Einführung eines zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs schon aus Gründen des verfassungsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips geboten, wonach das Strafrecht dann nicht bemüht zu werden braucht, wenn mildere Mittel - wie hier - das Zivilrecht zur Verfügung stehen.
Deutsches Recht verpflichtet gewerbliche Anbieter zur Offenlegung der Identität
Auch die Beschränkung der Argumentation auf deutsches Recht kann angesichts der fortschreitenden Internationalisierung und einer fehlenden regionalen Beschränkung der Auswirkungen von Urheberrechtsverletzungen im Internet nicht als ernstzunehmender Einwand gewertet werden. So erweist sich die Ansicht, dass das Recht auf Auskunft die datenschutzrechtlichen Positionen der Netzbürger unterwandere und der Forderung des TDDSG (Teledienstedatenschutzgesetz) zur Ermöglichung der anonymen oder pseudonymen Nutzung zuwiderlaufe, als Trugschluss. Vielmehr enthält das Datenschutzrecht Einschränkungen des Rechts auf anonyme oder pseudonyme Nutzung für alle gewerblichen Diensteanbieter, die nach den TDG (Teledienstegesetz) verpflichtet sind, ihre Identität offenzulegen. Eine Vielzahl der rechtsverletzenden Websites dient gewerblichen Zwecken, ohne dass der Betreiber jedoch seine Identität auf der Homepage offenlegt. Bereits die unterlassene Offenlegung der Identität des Websitebetreibers stellt nach deutschem Recht einen Rechtsbruch dar; das Datenschutzrecht ist damit in diesen Fällen gar nicht anwendbar. Im Übrigen wird auch die Webseite des hier kritisierten Institus Ifross nicht der geltenden Impressumspflicht von Websitebetreibern gerecht, so fehlt u.a. der Hinweis auf die Rechtsform des Instituts, die entscheidende Hinweise zu den eigentlichen Motiven der Stellungnahme liefern könnte.
Bei allen übrigen, nichtgewerblichen Rechtsverletzungen werden die Grundrechte der Nutzer auf informationelle Selbstbestimmung ebenfalls nicht verletzt. Ein angemessener, verhältnismäßiger Auskunftsanspruch bezieht sich ausschließlich auf die zur Durchsetzung der Ansprüche des Rechteinhabers. Die Glaubhaftmachung seiner Ansprüche könnte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgen. Da die Festlegung des Umfangs der Auskunftspflicht nach richterlicher Prüfung erfolgt, ist gewährleistet, dass auch in diesen Fällen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt wird. Dieses Verfahren hat sich im Fernmelderecht in den vergangenen Jahren bereits bewährt.
Auch die an Hohn grenzende Behauptung, "dem Rechteinhaber werde es möglich, diese Informationen zur Bildung von Verhaltens- und Drittbezugsprofilen zu erstellen" ist völlig haltlos. So können Angaben, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden müssen, kaum dazu dienen, Nutzerdaten systematisch zu erheben und zu verarbeiten.
Prüfung der Auskunftsansprüche für Provider kostenneutral
Darüber hinaus entbehrt die Behauptung, Zugangsanbieter hätten umfangreiche und kostenintensive Prüfungen der Auskunftsansprüche vorzunehmen, jeder Grundlage. Dem technischen Dienstleister ist rechtswidriges Verhalten Dritter selbstverständlich nicht zuzurechnen. Daher versteht es sich von selbst, dass die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzes wie auch der Auskunftserteilung nicht dem technischen Dienstleister zugerechnet werden. Für den Provider wird sich der Auskunftsanspruch daher in jedem Fall kostenneutral darstellen.
Auch das Argument, dass die Erhebung der Identifikationsdaten zur Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nicht in allen Fällen fehlerfrei erfolge und sich IP- und E-Mail-Adressen im Netz leicht fälschen liessen, vermag nicht zu überzeugen. In einzelnen Fällen mag das tatsächlich der Fall sein, für die Masse der Nutzer trifft das jedoch nicht zu.
Wegen der möglichen Ausgestaltung des Auskunftsanspruches bezieht sich der dmmv daher ausdrücklich auf die Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum: > http://www.dmmv.de/ww/de/7_pub/medien_ordnungspolitik/urhg2.cfm
Kontakt:
Deutscher Multimedia Verband (dmmv) e.V.
Christoph Salzig, Pressesprecher
Tel. 0211 600 456 -26, Fax: -33
Email: salzig@dmmv.de
Die Pressemitteilung mit Umlauten finden Sie unter:
> http://www.dmmv.de/ww/de/7_pub/aktuelles/pressemitteilungen.cfm
Wir über uns:
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ist die Interessenvertretung aller am digitalen Wertschöpfungsprozess beteiligten Unternehmen.
Der BVDW steht im ständigen Dialog mit Politik, Öffentlichkeit und anderen Interessengruppen (Verbraucherorganisationen, andere Branchenverbände etc.), um ergebnisorientiert, praxisnah und effektiv die dynamische Entwicklung der Branche zu unterstützen.
Zudem bietet der BVDW ein Expertennetzwerk, das Unternehmen und Interessierten innerhalb wie außerhalb der Branche schnell und gezielt Antworten auf konkrete Fragestellungen rund um die Lösungen der Digitalen Wirtschaft liefert.
Der BVDW bietet ein umfangreiches Service- und Informationsportfolio für seine Mitgliedsunternehmen. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, Effizienz und Nutzen digitaler Technologien transparent zu machen und so den Einsatz in der Gesamtwirtschaft, Gesellschaft und Administration zu fördern.
Pressekontakt:
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Simona Haasz
Kaistr. 14
40221 Düsseldorf
Tel: 0211 60 04 56 26
Fax: 0211 60 04 56 33
presse@bvdw.org
http://www.bvdw.org
- DMMV fordert Rechtssicherheit bei E-Learning-Kursen [04.06.2002, 10 Uhr]
- Internet-/Multimedia-Agenturen prognostizieren Umsatzsteigerung und Mitarbeiterzuwachs [03.06.2002, 17 Uhr]
- dmmv: Jugendschutz durch bessere Zugangssicherungen am Endgerät [28.05.2002, 15 Uhr]
- "Ohne Internet lässt sich keine Wahl gewinnen" [16.05.2002, 16 Uhr]
- Unternehmen mobilisieren Parteien zur Staerkung der Digitalen Wirtschaft [15.05.2002, 20 Uhr]
- dmmv-Presseeinladung: Tag der Digitalen Wirtschaft: Einladung zum politischen Rundgang des dmmv / Treffen mit allen Bundesparteien [08.05.2002, 21 Uhr]
- GFT und T-Systems Multimedia Solutions bilden am meisten aus [03.05.2002, 16 Uhr]
- dmmv erarbeitet Richtlinien fuer sauberes Suchmaschinen-Marketing [30.04.2002, 17 Uhr]
- Duesseldorf und Berlin sind Deutschlands Internet- und Multimedia-Hauptstaedte [25.04.2002, 17 Uhr]
- dmmv: SMS-Marketing-Richtlinie in Sicht [25.04.2002, 11 Uhr]