Keine Bildung mehr für Arbeitslose
17.02.2005, 13 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Bundesagentur für Arbeit verabschiedet sich vom arbeitsmarktpolitischen Instrument Weiterbildung
(press1) - Die Bundesagentur für Arbeit hat die Weiterbildung für Arbeitslose seit Anfang 2005 nahezu komplett eingestellt. Nach Auskunft der im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. organisierten Weiterbildungsträger wird bundesweit nur noch eine unwesentliche Zahl an Bildungsgutscheinen ausgegeben. "Die Politik der Bundesagentur steht im klaren Gegensatz zu Aussagen der Bundesregierung vom Dezember 2004, in der Weiterbildung als 'wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument' genannt wird", so BVDW-Präsident Arndt Groth (Interactivemedia CCSP GmbH), der in dieser Woche persönliche Briefe mit der Bitte um Stellungnahme an die Ansprechpartner auf Bundesebene gerichtet hat.
Düsseldorf/Berlin/München, 17. Februar 2005
"Auf eine Anfrage der FDP hat die Bundesregierung bestätigt, dass 2004 zwei Drittel aller Teilnehmer nach Abschluss der Weiterbildung kein Arbeitslosengeld mehr bezogen haben." Angesichts von fünf Millionen Arbeitslosen und einer durch die ersten Reformmaßnahmen verbesserten Verbleibsquote, die von 60 Prozent (2003) auf mehr als 67 Prozent gestiegen ist, reagiert Groth mit Unverständnis auf die aktuelle Praxis der Agenturen für Arbeit. "Hier wird den Arbeitssuchenden der Weg zurück in den Arbeitsmarkt verbaut. Bleibt es bei dieser Entwicklung verschwinden innerhalb der nächsten zehn Monate bis zu 90 Prozent der Weiterbildungsträger in unserem Bereich", malt Groth ein düsteres Bild. Um die aktuellen Fehlentwicklungen aufzuhalten, hat sich der BVDW mit einem Hilferuf an die betroffenen Ministerien, die Bundesagentur für Arbeit, die Fraktionsvorsitzenden sowie die bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Sprecher der Fraktionen gewandt.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der FDP (http://www.bvdw.org/download/presse/bundestagsanfrage_ba.pdf
) hatte die Bundesregierung noch klar gestellt: "Die Weiterbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist weiterhin ein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, um die berufliche Qualifizierung und damit die Chancen für eine rasche Integration in Beschäftigung insbesondere von Arbeitslosen, von Arbeitslosigkeit Bedrohten und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss zu verbessern." Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass für 2005 im Bereich des SGB III zwei Milliarden Euro vorgesehen sind. Hinzu kommen Eingliederungsleistungen im Bereich des SGB II von 6,55 Milliarden Euro, wobei der Anteil hiervon zur Weiterbildungsförderung zum Zeitpunkt der parlamentarischen Anfrage noch nicht feststand. Da 2004 das Volumen für Weiterbildungsförderung mit knapp 3,8 Milliarden Euro budgetiert war, konnte davon ausgegangen werden, dass 2005 eine ähnliche Größenordnung für Weiterbildung zur Verfügung stehen wird.
Die aktuelle Situation stellt sich jedoch ganz anders dar als noch im Dezember letzten Jahres von der Bundesregierung angekündigt wurde: Im Januar 2005 waren laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit 3.312 Neueintritte in Weiterbildung im gesamten Bundesgebiet zu verzeichnen, dies entspricht einem Minus gegenüber dem Vorjahresmonat von 76 Prozent. "Die Bildungsanbieter sind nicht in der Lage wirtschaftlich Lehrgänge durchführen, die nach Vorgaben der Agenturen für Teilnehmergrößen von 15 bis 20 Personen kalkuliert werden, wenn für eine bestimmte Bildungsdienstleistung nur zwei oder drei Bildungsgutscheine pro Kurs ausgegeben werden", skizziert der Vorsitzende der Fachgruppe Aus- und Weiterbildung im BVDW, Dr. Peter Littig (Dekra Akademie GmbH) das Kernproblem. "Wir haben in den letzten beiden Jahren bereits massive Kürzungen von fast 60 Prozent hingenommen. Nun besteht die akute Gefahr, dass die bestehende Trägerstruktur völlig zerstört wird und somit keine berufliche Weiterbildung mehr möglich ist."
Völlig unverständlich sind die Reduzierungen in der genannten Größenordnung nach Auffassung des BVDW jedoch angesichts der Tatsache, dass sich die Verbleibsquote im zurückliegenden Jahr sehr positiv entwickelt hat. Mit der Verbleibsquote werden die Teilnehmer erfasst, die sechs Monate nach Austritt aus der Weiterbildung nicht mehr arbeitslos gemeldet sind. Der entsprechende Anteil konnte trotz schwieriger Rahmenbedingungen für die Weiterbildungsträger von 60 Prozent (2003) auf 67,2 Prozent gesteigert werden. "Offenbar spielt der neu eingeführte Aussteuerungsbetrag bei dieser scheinbar paradoxen Entwicklung, weniger Bildungsgutscheine trotz verbesserter Verbleibsquote auszugeben, eine maßgebliche Rolle", berichtet Dr. Michael Galwelat (cimdata.de), Leiter des Arbeitskreises Arbeitsmarkt im BVDW, aus seiner täglichen Erfahrung. So müssen die zuständigen Arbeitsagenturen Aussteuerungsbeträge von jeweils rund 8.200 Euro zahlen, wenn Arbeitslose nach zwölf Monaten in das Arbeitslosengeld II übergehen. Damit entfällt in den Arbeitsagenturen die Motivation, zusätzlich Geld in Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren.
"Wir haben die zuständigen Ministerien und die Bundesagentur für Arbeit auf diese paradoxe Entwicklung hingewiesen und erwarten hierzu eine baldige Lösung des Problems. Konkrete Vorschläge wie die Entwicklung aufzuhalten ist, haben wir unterbreitet. Nun warten wir gespannt auf die Reaktion", so BVDW-Präsident Arndt Groth. "Bleibt es wie es ist, führt die Konzentration auf Hartz IV dazu, dass diejenigen Arbeitslosen, die über gute Voraussetzungen für eine Eingliederung verfügen, durch Verweigerung qualifizierender Maßnahmen dann ebenfalls zu Kunden des JobCenters werden."
Kontakt:
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Christoph Salzig, Pressesprecher
Tel. 0211 600 456 -26, Fax: -33
mailto:salzig@bvdw.org
Die Pressemitteilung zum Download finden Sie unter:
http://www.bvdw.org/ww/de/7_pub/aktuelles/pressemitteilungen.cfm
Wir über uns:
Mit Beschluss der zwölften Mitgliederversammlung heißt der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) e.V. künftig Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Der BVDW ist Europas mitgliederstärkste Interessen- und Berufsvertretung der Digitalen Wirtschaft mit mehr als 940.000 Beschäftigten. Die rund 1.000 Mitglieder des BVDW sind in den Sektoren Internet- und Multimedia-Dienstleistungen, Softwareentwicklung und - handel, Systemhäuser, Zugangsplattformen, Online-Dienste und Internetangebote (E-Content, E-Commerce, E-Services) tätig. Er vertritt bundesweit insgesamt rund 1.600 Unternehmen* der Digitalen Wirtschaft in allen medien- und wirtschaftspolitischen Belangen.
Als der maßgebliche Berufsverband entwickelt der BVDW Aus- und Weiterbildungsmodelle (mit Zertifizierung zur Qualitätssicherung), Kalkulationsgrundlagen, Musterverträge und Handlungsempfehlungen für die neuen Tätigkeitsfelder. Seine Kernfunktion liegt neben der politischen Arbeit in seiner Leistung als Know-how-Pool, Austauschplattform und Anbieter von Serviceleistungen für seine Mitglieder.
Pressekontakt:
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Simona Haasz
Kaistr. 14
40221 Düsseldorf
Tel: 0211 60 04 56 26
Fax: 0211 60 04 56 33
presse@bvdw.org
http://www.bvdw.org
- Wertvolle Tipps für den Kampf gegen lästige elektronische Post [06.09.2004, 16 Uhr]
- Gemeinsamer Ausschuss der FSM hat über Anforderungen an Altersverifikationssysteme entschieden [23.08.2004, 11 Uhr]
- BVDW will überprüfbare Qualitätskriterien für Agenturen schaffen [09.08.2004, 16 Uhr]
- Agenturen im BVDW ermitteln Zukunftstrends der Digitalen Wirtschaft [09.08.2004, 16 Uhr]
- BVDW-Akademie geht an den Start [05.08.2004, 09 Uhr]
- Online-Einkauf und Online-Banking trotz Phishing-Aktivitäten sicher [04.08.2004, 12 Uhr]
- Auftragslage stimmt Agenturen optimistisch [02.08.2004, 17 Uhr]
- BVDW warnt vor Zersplitterung der Standards zur Barrierefreiheit [30.07.2004, 11 Uhr]
- Wettbewerbsfreiheit in Sachen Elektronische Pressespiegel sicherstellen [29.07.2004, 10 Uhr]
- BVDW spricht Empfehlung zur Barrierefreiheit von E-Commerce-Shops aus [28.07.2004, 11 Uhr]