Regierung bagatellisiert weiterhin Diebstahl digitaler Inhalte

08.03.2005, 22 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.


Kabinettsentwurf verschlechtert Rechtslage für Anbieter digitaler Inhalte deutlich
Düsseldorf, 8. März 2005 (press1:iBOT)
Der aktuell vorgelegte Kabinettsentwurf zum sogenannten zweiten Korb der Reform des Urheberrechtsgesetzes erteilt dem Diebstahl von digitalen Inhalten wie Software, audiovisuellen Dateien und Musik faktisch einen Freibrief. "Nachdem den Inhalteanbietern schon der zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegen Urherrechtsverletzer verweigert wurde, wird den Unternehmen durch die vorgesehene Ausweitung der Bagatellklausel die Möglichkeit genommen, ihre Geschäftsmodelle zu verteidigen" zeigt sich BVDW-Gesamtvorstandsmitglied Dr. Christian Dressel enttäuscht über das mangelnde Verständnis für die Belange der Digitalen Wirtschaft auf Regierungsseite.

Gleichzeitig setzt man beim BVDW darauf, dass die Anliegen der hier vertretenen Unternehmen noch das nötige Gehör finden. "Es wäre ein fatales Signal, wenn die Nichtachtung geistigen Eigentums gesetzlich legitimiert würde. Die wirtschaftlichen Folgen für die Unternehmen, die auf den Vertrieb digitaler Inhalte über neue Infrastrukturen und Endgeräte setzt und hier Potenzial für neue Arbeitsplätze zu bieten hat, wären katastrophal" so Friederike Behrends (Bild.t-online GmbH & Co KG), Leiterin des Arbeitskreises Medienpolitik im BVDW.

Der überarbeitete Regierungsentwurf sieht eine Ausweitung der Bagatellklausel im sogenannten zweiten Korb der Urheberrechtsreform vor. Die bestehende Rechtslage für Anbieter digitaler Inhalte wie Software, audiovisueller Inhalte und Musik würde damit weiter verschlechtert. So prophezeit Dr. Christian Dressel, dass diese Änderung weitreichende Verfahrenseinstellungen seitens der Strafverfolgungsbehörden bzw. die Nichtaufnahme von Ermittlungen zur Folge haben wird: "Den Unternehmen der Digitalen Wirtschaft, die auf neuen digitalen Infrastrukturen ihre Produkte anbieten, wird so die Möglichkeit genommen, Sekundäransprüche gegen Rechtsverletzer geltend zu machen. Sie haben damit keine Handhabe, wenn sie feststellen, dass ihr Geschäftsmodell unterlaufen wird." Nach Dressels Einschätzung wird sich die geplante Verschlechterung der Rechtslage in der Vollzugspraxis verheerend auswirken: "Eigentlich war die Enttäuschung über die Nichtgewährung gesetzlicher Auskunftsansprüche durch den Entwurf schon groß genug. Nun wird jedoch geradezu zu weiterem Inhalteklau eingeladen."
Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Massenarbeitslosigkeit sollten nach Auffassung des BVDW andere Signale von der Politik in Richtung der Digitalen Wirtschaft ausgehen. So bieten die Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell auf den Vertrieb digitaler Inhalte über neue Infrastrukturen und Endgeräte setzen, nicht zuletzt Potential für neue Arbeitsplätze. "Diesen Unternehmen nun aber einen effektiven Schutz seitens des Gesetzgebers zu verwehren, ist geradezu grotesk. Im Bereich des Schutzes physischer Güter ist die Rechtslage für Eigentümer und Rechteinhaber klar, hier glaubt man aber offenbar den Nutzern von filesharing-Systemen politische Zugeständnisse machen zu müssen. Letztlich ist das aber ein haarsträubendes Signal hinsichtlich des Grundwertes geistigen Eigentums in unserer Gesellschaft" fasst Friederike Behrends den Unmut der betroffenen Unternehmen zusammen.

Der BVDW hatte sich wiederholt an den Arbeitsgruppen des Bundesjustizministeriums und den verschiedenen Anhörungen beteiligt. Dabei hatte die Interessenvertretung der Digitalen Wirtschaft immer wieder eindringlich vor den Folgen der Verharmlosung der Medienpiraterie gewarnt. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen wurden seitens des BVDW konstruktive Vorschläge zum Schutz der betroffenen Unternehmen unterbreitet, die im aktuellen Entwurf jedoch nahezu vollständig fehlen. "Das Kabinett sollte bei der Verabschiedung des Regierungsentwurfs die arbeitsmarktrelevanten Rahmenbedingungen des Urheberrechts nicht aus dem Auge verlieren. Gleiches gilt natürlich für den Bundestag und Bundesrat. Daher fordern wir alle Beteiligten auf politischer Ebene auf, sich insbesondere mit der vorgesehenen Bagatellklausel nochmals intensiv auseinandersetzen" schließt Dressel.

Kontakt:
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Christoph Salzig, Pressesprecher
Tel. 0211 600 456 -26, Fax: -33
mailto: salzig@bvdw.org

Die Pressemitteilung zum Download finden Sie unter:
> http://www.bvdw.org/ww/de/7_pub/aktuelles/pressemitteilungen.cfm

Wir über uns:
Mit Beschluss der zwölften Mitgliederversammlung heißt der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) e.V. künftig Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Der BVDW ist Europas mitgliederstärkste Interessen- und Berufsvertretung der Digitalen Wirtschaft mit mehr als 940.000 Beschäftigten. Die rund 1.000 Mitglieder des BVDW sind in den Sektoren Internet- und Multimedia-Dienstleistungen, Softwareentwicklung und - handel, Systemhäuser, Zugangsplattformen, Online-Dienste und Internetangebote (E-Content, E-Commerce, E-Services) tätig. Er vertritt bundesweit insgesamt rund 1.600 Unternehmen* der Digitalen Wirtschaft in allen medien- und ordnungspolitischen Belangen.

Als der maßgebliche Berufsverband entwickelt der BVDW Aus- und Weiterbildungsmodelle (mit Zertifizierung zur Qualitätssicherung), Kalkulationsgrundlagen, Musterverträge und Handlungsempfehlungen für die neuen Tätigkeitsfelder. Seine Kernfunktion liegt neben der politischen Arbeit in seiner Leistung als Know-how-Pool, Austauschplattform und Anbieter von Serviceleistungen für seine Mitglieder.

Der BVDW bietet den wichtigsten Branchensegmenten in eigenständigen Fachgruppen zu den Themen Aus- und Weiterbildung, Agenturen, Dienstleister, E-Commerce, E-Content/E-Services, Online-Vermarktung und Softwareindustrie ein umfassendes Inhalteangebot auf seiner Website (www.bvdw.org). Mit Foren, Mailinglisten, Votings und Downloads steht den Mitgliedern eine effektive Arbeitsplattform zur Verfügung. Die inhaltliche Arbeit wird in mehr als 20 Arbeitskreisen und Projektgruppen vorbereitet.

Als Ansprechpartner für Behörden, Presse und andere Branchenvertretungen ist es dem BVDW gelungen, eine starke Interessenvertretung zu schaffen, um dem Bereich der Interaktiven Medien ein für alle Marktteilnehmer ertragreiches Tätigkeitsfeld zu gewährleisten.

* BVDW-Mitglieder und die vom BVDW politisch vertretenen Unternehmen des Netzwerks der Digitalen Wirtschaft