Digitale Wirtschaft fordert nutzungsabhängige Rundfunkgebühren
18.10.2006, 11 Uhr - Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
(press1) - GEZ-Gebühren für internettaugliche Endgeräte bestrafen modernes Unternehmertum
Düsseldorf, 18. Oktober 2006
Wiederholt der BVDW darauf hingewiesen, dass die Ausweitung der Rundfunkgebühren auf internetfähige PCs und mobile Endgeräte faktisch einer Mediensteuer gleich kommt. Einzig der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hat jedoch vor der heutigen Sitzung der Ministerpräsidentenkonferenz angekündigt, dem Vorhaben nicht zuzustimmen. "Wir unterstützen den Vorschlag, die Ausweitung der Gebühren für zwei weitere Jahre auszusetzen", so Gerd M. Fuchs, Referent Medienpolitik beim BVDW. "Die Zeit ließe sich nutzen, um gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden nach Lösungen zu suchen, die den aktuellen Entwicklungen in der Medienlandschaft angemessen Rechnung tragen." Insbesondere die Tatsache, dass die Gebühren für die grundsätzliche Empfangsbereitschaft, nicht aber für die tatsächliche Nutzung erhoben werden, ist nach Meinung der Unternehmen der Digitalen Wirtschaft inakzeptabel. "Für uns sind PCs unerlässliche Arbeitsmittel und keine Unterhaltungselektronik", so BVDW-Gesamtvorstand Dr. Jens Junge (Ticcon AG). Ähnliches gelte für internettaugliche mobile Endgeräte - hier würden Unternehmer für ihre fortschrittliche Arbeitsweise mit GEZ-Gebühren regelrecht bestraft.
Die Länderchefs hatten sich in ihrer Rundfunkkommission bereits im Herbst 2004 darauf verständigt, die Befreiung von der Rundfunkgebühr für internetfähige PCs Ende 2006 auslaufen zu lassen. Endgültig entscheiden nun die Ministerpräsidenten der Bundesländer in ihrer heute beginnenden Ministerpräsidentenkonferenz darüber, ob die "Übergangslösung", bei der 5,52 Euro für vorhandene, internetfähige Computer und Mobilgeräte fällig werden, am 1.1.2007 tatsächlich in Kraft tritt. Seit Wochen wird über dieses Vorhaben auch innerhalb der Fraktionen heftig gestritten. So mehrten sich zuletzt die kritischen Stimmen nicht nur in der CDU/CSU-Fraktion, auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries kritisierte den aktuellen Entwurf. Zuletzt hatten CDU-Mitglieder mit einem offenen Brief an Spiegel Online ihren Unmut geäußert. Hauptkritikpunkt ist dabei immer wieder der Umstand, dass allein die Internetfähigkeit Anlass zur Gebührenerhebung sein soll. Die ganze Absurdität dieser Grundlage wird am Beispiel der weit über 50.000 Geldautomaten in Deutschland deutlich, für die gemäß der aktuellen Vorlage ebenfalls Rundfunkgebühren fällig wären, da sie über das Internet an die Banken angeschlossen sind. Hierauf hatte unlängst die Industrie- und Handelskammer Frankfurt/Main hingewiesen.
Überholte Begrifflichkeiten, veraltetes Gebührensystem
Nach Ansicht der BVDW-Vertreter sollte daher das gesamte System endlich in eine zeitgemäße Fassung überführt werden. Eine Aussetzung der "PC-Abgabe" bis Ende 2008 würde hierfür einen ausreichenden Zeitraum geben. "Wir arbeiten gerne an einer sinnvollen und der aktuellen technischen Entwicklung und der veränderten Mediennutzung angepassten Lösung mit", so Gerd M. Fuchs. "Die aktuellen Auseinandersetzungen der Medienexperten quer durch alle Fraktionen und Parteien zeigen, dass wir ohnehin am Beginn einer Grundsatzdebatte um das Gebührensystem der GEZ stehen." Auch der klassische Rundfunkbegriff sei nicht länger haltbar. Das zeige sich aktuell auf EU-Ebene im Kontext der neuen EU-Fernsehrichtlinie, bei der nur noch von linearen und non-linearen Mediendiensten die Rede ist. "Statt unausgegorene Zwischenlösungen zu verabschieden, sollten die Ministerpräsidenten in ihrer Konferenz dieser grundlegenden Diskussion den Weg bereiten", resümiert Gerd M. Fuchs.
Zudem ist nach Auffassung einiger Politiker und Medienexperten fraglich, ob eine derartige PC-Gebühr europarechtlich abgesichert sei, da die EU-Kommission das Internet unter Elektronischem Geschäftsverkehr katalogisiere, der keinerlei staatlichen Zugriffen ausgesetzt sein darf. Zum Anderen ist der für den Rundfunkbetrieb geltende Auftrag, Pluralismus und Meinungsvielfalt zu sichern, nicht auf das Internet übertragbar. "Das Internet ist ein globales Medium, das per se pluralistisch ist. Das alleine ist Grund genug, eine Grundsatzdebatte anzustrengen," so Gerd M. Fuchs weiter. Angesichts der Vielzahl von Inhalte- und Diensteangeboten im Internet bedarf es nach Auffassung des BVDW des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insbesondere daher nicht als Garanten der Vielfalt von Meinungen und Inhalten im Internet. Eine Ausdehnung der Rundfunkgebühren, von der nicht nur internettaugliche Computer, sondern auch alle anderen konvergenten Endgeräte, insbesondere im Mobilfunk, betroffen sind, ist daher abzulehnen.
Das Gebührenaufkommen von ARD und ZDF pro Jahr beträgt derzeit rund sieben Milliarden Euro. "Man könnte den Verdacht hegen, dass mit der unlängst thematisierten Ausweitung der Online-Aktivitäten zusätzliche Argumente für die Erhebung dieser Abgabe geliefert werden sollen", orakelt BVDW-Präsident Arndt Groth (ePages GmbH). "Letztlich sind jedoch beide Schritte absolut unverständlich, ja wirtschafts- und wettbewerbsschädigend."
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